Unser Partner, das Goethe-Institut, hat mit Monika Staab (Hauptpreis Gewinnerin 2014) ein ausführliches Interview über ihre Arbeit als Fußball-Botschafterin geführt.
Frau Staab, wir haben in Brasilien gerade ein Fußballfest erlebt, das keinen Fan kaltgelassen hat. Die WM bot viel Dramatik – Großfavoriten wie Spanien oder Brasilien sind gestürzt, die deutsche Mannschaft gewann dagegen erstmals seit 24 Jahren wieder den Titel. Was verbinden Sie mit diesem Turnier?
Mir hat der Zusammenhalt der deutschen Mannschaft sehr imponiert. Jeder hat sich in seine Rolle gefügt – bis hin zu den Ersatzleuten. Gestandene Spieler wie Per Mertesacker oder Lukas Podolski haben nie eine Fresse gezogen, auch wenn sie ziemlich häufig auf der Bank saßen. Diese Geschlossenheit war meiner Meinung nach auch entscheidend für den Finalsieg. Die Deutschen sind als Kollektiv angetreten, die Argentinier haben sich nur auf die individuellen Fähigkeiten von Lionel Messi verlassen. Deshalb hat mich der Verlauf des Spiels auch nicht überrascht. Mein Tipp lautete: 1:0 für Deutschland nach Verlängerung. Fast hätte ich auch ins Schwarze getroffen, was den Zeitpunkt des Siegtors betrifft. Ich habe auf die 112. Minute getippt, es wurde dann die 113. Minute.
Vor der WM sind Sie zur „Deutschen Fußball-Botschafterin“ gekürt worden. Damit werden Menschen ausgezeichnet, die auf vorbildliche Weise den deutschen Fußball im Ausland repräsentieren. Was bedeutet Ihnen diese Würdigung?
Es freut mich, dass meine jahrelange Pionierarbeit für den internationalen Frauenfußball anerkannt wird. Das bestärkt mich in meiner Mission, Vorurteile abzubauen und dafür zu werben, dass Frauen genauso wie Männer dem Leder nachjagen können – auch und gerade in Ländern, deren Gesellschaften noch nicht so emanzipiert sind. Das Schönste an der Auszeichnung sind die Schlagzeilen für den Frauenfußball: Schaut her, wir existieren und wir wollen spielen, egal wo auf der Welt!
In den letzten Jahren haben Sie als Entwicklungshelferin der Fifa besonders häufig islamisch geprägte Länder besucht, ob Syrien, Oman, Kuwait, Bahrain, Katar oder Pakistan. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Ich fühle mich überall dort wohl, wo ich etwas für den Frauenfußball tun kann. In muslimischen Gesellschaften ist das meistens der Fall. Dort muss man viel Überzeugungsarbeit leisten und den Männern auf Funktionärsebene erklären, dass Frauen durch den Fußball nicht ihre Weiblichkeit verlieren, immer noch einen Mann und Kinder bekommen können und auch keine gesundheitlichen Schäden davontragen. Diese Entwicklungsarbeit ist Voraussetzung, um professionelle Strukturen aufzubauen. Wir sollten uns allerdings klar machen, dass in Europa Frauenfußball auch lange gebraucht hat, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Noch im Jahr 1970 hat der DFB keinen organisierten Frauenfußball zugelassen.
In Bahrain und Katar haben Sie sogar die jeweiligen Nationalmannschaften trainiert. Was waren Ihre größten Erfolge?
Beim ersten Länderspiel mit Bahrain auf den Malediven haben wir 7:0 gewonnen – ein toller Einstand. Aber nicht nur die sportlichen Erfolge zählen. Oft reicht schon das Training, um die Mädchen glücklich zu machen. Die regelmäßige Aufmerksamkeit stärkt ihr Selbstwertgefühl. Das gibt ihnen die nötige Zuversicht, um auch außerhalb des Fußballplatzes um Gleichberechtigung zu kämpfen. In Katar haben wir die sportlichen Organisationsstrukturen entscheidend vorangebracht. Es gibt mittlerweile nicht nur eine A-Nationalmannschaft, sondern auch eine U-14- und U-16-Mannschaft. Betreut werden diese Teams von einem professionellen Trainerstab, unter anderem mit einer Fitness-, einer Torwart- und einer Assistenztrainerin. Zudem wurde eine Liga gegründet – in der Männer allerdings nicht zuschauen dürfen. Und ich habe während meines Aufenthalts immerhin 15 Frauen zu Trainerinnen mit einer C-Lizenz ausbilden können.
Woher kommt Ihre große Reiselust?
Ich bin damit aufgewachsen, ständig unterwegs zu sein. Als ich mit elf Jahren für die Frauen-Mannschaft der SG Rosenhöhe Offenbach gespielt habe, sind wir oft zu Turnieren gefahren, in Deutschland, aber auch in den Niederlanden. Mit 18 Jahren bin ich nach London, um bei den Queens Park Rangers anzuheuern. Drei Jahre später bin ich nach Israel gezogen, um in einem Kibbuz zu arbeiten. In der dortigen Farm habe ich Birnen und Bananen gepflückt und gelernt, dass man auch ohne Geld leben kann. Die Konfrontation mit fremden Kulturen war schon früh ein elementarer Bestandteil meines Lebens.
Wie beurteilen Sie als Kennerin der arabischen Welt die umstrittene Vergabe der Männer-WM 2022 an Katar?
Natürlich dürfen auf den Baustellen in Katar keine Wanderarbeiter ausgebeutet werden. Die Machthaber arbeiten deshalb auch daran, diese Missstände zu beheben. Zu den Korruptionsvorwürfen werde ich mich nicht äußern. Aber ganz sicher sollte man den Menschen in Katar die WM nicht wieder wegnehmen, wie es von manchen Kritikern gefordert wird. Diese WM wird für Millionen Besucher aus dem Westen eine große Chance sein, sich ein eigenes Bild von der muslimischen Welt zu verschaffen und Ressentiments abzubauen. Diese Chance zum gegenseitigen Kennenlernen sollte man nicht verstreichen lassen.